Mach mir den Tiger Baby – Bewerbung im Web 2.0

Im Rahmen meiner Tätigkeit als Consulter werde ich ab und zu von Unternehmen oder Headhuntern zu Bewerbungsrunden beigezogen. Gerne gebe ich ein paar Tipps zur richtigen Vorbereitung und ein best-of aus hunderten Gesprächen.

1 ) Sherlock Holmes soll stolz auf dich sein

Vorbereitung und Recherche ist bereits der halbe Weg! Bei größeren Firmen und Konzernen ist dies nicht allzu schwierig, kleinere Unternehmen haben in der Regel zumindest eine Webseite. Wir lesen uns über Produkte, Marken, Entwicklung sowie Mitbewerber ein.

Fragen, die uns nicht aus der Ruhe bringen: „Wie schätzen Sie die Entwicklung unseres Aktienkurses in den letzten zwölf Monaten ein?“

2 ) Erwarte das Unerwartete

Viele Personalverantwortliche haben während ihres Studiums über Soft-Skills und Psychoanalyse gehört – sind daher nachvollziehbarerweise erpicht, das endlich mal in der Realität auszuprobieren. Ich plauderte gerade mit einer IT-Bewerberin über Intrusion Detection, als das Gespräch mittels Zwischenruf meiner HR-Kollegin eine interessante Wendung erfuhr. „Stellen Sie sich vor, Sie wären ein Tier – welches wäre das?“

Ab diesem Zeitpunkt konnte ich mich nicht mehr konzentrieren, sondern stellte mir selbst geistig ständig die Frage „Um Himmels Willen, was möchte sie da jetzt hören?“ Würde ich „ein bengalischer Tiger“ antworten, um somit Stärke und Willenskraft zu symbolisieren … oder lieber „Giraffe“ um mit einer Anspielung auf meine Körpergröße die Lacher auf meiner Seite zu haben? Schwierige Frage, für die es wohl keine 100% richtige Antwort gibt.

Fragen, die uns nicht aus der Ruhe bringen: „Wovon haben Sie in der letzten Nacht geträumt?“

3 ) Das Reizthema Gehalt

Vielen ist dieses Thema peinlich und unangenehm, aber das Gespräch wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit irgendwann dort ankommen. Herumdrucksen nutzt wenig, mit einer Gegenfrage antworten macht einen merkwürdigen Eindruck, also die Karten einfach auf den Tisch legen. Am Leichtesten geht dies mit einem gewünschten Bruttojahresgehalt – über die Aufteilung in fix und variabel kann man dann immer noch in Ruhe diskutieren. Verhandlungsspielraum einplanen, aber nicht übertreiben: Ich hab schon Gespräche miterlebt, die an völlig illusorischen und überzogenen Forderungen gescheitert sind.

Nachverhandlungen sind gerade hier sehr schwierig und nervenaufreibend – daher nicht über den Tisch ziehen lassen. Nicht schriftlich fixierte „In-Aussicht-Stellungen“ sind erfahrungsgemäß nicht den Atemzug wert, in dem sie geäußert werden.

Vorsicht auch bei variablen Gehaltsbestandteilen, da sind manchmal Fallen versteckt:

  • Quantifizierbare & messbare Ziele (Nichtssagende Floskeln wie „hat sich bemüht“ vermeiden)
  • Woran wird der Erfolg genau gemessen? (interne Kostenrechnung, Saldenliste, Umsätze mit oder ohne Stornos, vorläufiger Jahresabschluss, veröffentlichte Bilanz, geprüfte Bilanz, etc)
  • Zielerreichung sollte im persönlichen Einflussfeld liegen. (Im mittleren Management am Aktienkurs der Muttergesellschaft zu messen, bringt nur Demotivation.)
  • Vernünftige Zeitrahmen für Auszahlungen vereinbaren. (Boni, die fünf Jahre nach Ausscheiden fällig werden, enden meist vor dem Arbeitsgericht.)
  • Fexibilität einplanen! Oft ändert sich während eines Jahres die Strategie eines Unternehmens, die damit notwendige Anpassung der finanziellen Zielvereinbarungen wird in der Hitze des Gefechtes dann gerne vergessen.

4 ) Vergangenheit

Jeder potentielle Arbeitgeber interessiert sich, warum der Mensch auf der anderen Tischseite sein letztes Engagement verlassen hat. Auf diese Frage müssen wir eine plausible und einleuchtende Erklärung parat haben.

Nichts gegen unser 20 Jahre altes Maturazeugnis, den Meisterbrief und die einzelnen Teildiplomprüfungszeugnisse, auf deren guten Noten wir berechtigt stolz sind. Viel interessanter für den neuen Arbeitgeber sind allerdings Referenzen und aktuelle Beispiele unserer Fähigkeiten. Bei einer Bewerbung als beispielsweise Webdesigner können das Scribles, Entwürfe oder Screendesigns vergangener Projekte sein.

Auch wenn wir es manchmal gerne hätten: Das Internet vergisst nichts und niemanden! Speziell auf Facebook & Twitter daher darauf achten, was man schreibt und welche Bilder man hochlädt. Mittlerweile informieren sich auch viele Arbeitgeber schon im Vorfeld über den virtuellen Status der Kandidaten.

Fragen, die uns nicht aus der Ruhe bringen: „Sie wechseln alle drei Jahre ihren Job – finden Sie das nicht merkwürdig?“

5 ) Zukunft

Die zukünftige Karriereplanung sollte schon im Vorfeld gut überlegt sein. Was erwarten wir von dem Unternehmen für Weiterbildungsmaßnahmen, welche Positionen innerhalb der Firma könnten wir uns mittelfristig vorstellen?

Bei höher qualifizierten Jobs und späteren Entscheidungsrunden kann von den Kandidaten durchaus verlangt werden, Werbestrategien oder Marketingpläne vorzubereiten. Mitunter schwierig ohne interne Kenntnisse, aber bei manchen Stellen essentiell wichtig.

Fragen, die uns nicht aus der Ruhe bringen: „Wo sehen sie sich in 10 Jahren?“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert