Tiroler Landtagswahl 2013 aus Sicht von Studierenden

Was sind Lösungsansätze der derzeitigen Tiroler Regierungs- und Oppositionsparteien für studentische Themen? Um diese Frage zu klären, hatte die österreichische Hochschülerschaft der Universität Innsbruck am 13. März zu einer Podiumsdiskussion an die theologische Fakultät geladen. Im Vordergrund standen natürlich Bereiche wie Wohnen, Mobilität und Studienbedingungen – jede Menge Polemik und Wahlkampfgeplänkel durften aber auch nicht fehlen.

Ergebnis der Tiroler Landtagswahl 2008
Ergebnis der Tiroler Landtagswahl 2008

Ich habe versucht, die Highlights dieser Veranstaltung und die Schwerpunkte aller Parteien möglichst objektiv in der Reihenfolge des Podiums zusammenzufassen. Natürlich habe ich selbst auch eine politische Meinung, möchte aber in diesem Artikel keine Wahlempfehlung abgeben. Nicht alle Spitzenkandidaten haben den mühevollen Weg in die Innenstadt geschafft, das Podium war aber durchaus prominent besetzt.

Liste Fritz (Andrea Haselwanter-Schneider)

Nach dem sensationellen Abschneiden 2008 (18,35%) des ehemaligen Präsidenten der Arbeiterkammer Tirol liegt die Erfolgslatte diesmal sehr hoch. Eine Regierungsbeteiligung steht derzeit nicht zur Debatte, man setzt auf Gerechtigkeit und Kontrolle, der Weg soll zu einem sozialeren Tirol führen.

Bildungspolitisch fordert Andrea die Abschaffung der Studiengebühren, Gratis-Nachhilfe und tritt für die neue Mittelschule ein. „Bildung beginnt bereits im Vorschulalter!“

Um Wohnen billiger zu machen, wünscht sie sich eine zweite Gasleitung nach Tirol. Das Gas-Monopol hat derzeit die mehrheitlich landeseigene TIGAS. Nach den Investitionen von 6Mio EUR wäre eine Reduktion des Gaspreises um 20% aus ihrer Sicht realistisch.

Ein Studententicket für unter-24-Jährige sollte für ganz Innsbruck nicht mehr als 60EUR kosten.

Was blieb hängen: Unifragen sind aus ihrer Sicht zum größten Teil Bundesfragen, daher kaum relevant für die Landesregierung. Die Partei spricht laut ihrer Einschätzung vorwiegend Familien und Frauen an.

Wahlziele:  Eine Landesregierung ohne ÖVP und mehr Stimmen als 2008. Zumindest Zweites erscheint nach dem Tod von Klubobmann Bernhard Ernst und dem Rückzug des Gründers Fritz Dinkhauser mehr als unwahrscheinlich.

FPÖ (Johann Überbacher)

Die Freiheitlichen scheinen aus dem letzten Wahlkampfdebakel in Innsbruck gelernt zu haben, das Wort „Ausländer“ fiel kein einziges Mal. Johanns vier inhaltlichen Schwerpunkte waren:

Soziale Sicherheit: Das Wohnen in Innsbruck soll durch Aufstockung von Studentenheimen leistbarer werden und Kinderbetreuungsplätze müssen ausgebaut werden.

Gerechtigkeit und Kontrolle: Ausweitung der Kompetenzen des Rechnungshofes und Beschränkung der Managerboni.

Wirtschaftlicher Aufschwung: Ausbau von Wasserkraftwerken und Stärkung des Tourismus durch den Zusammenschluss von Skigebieten.

Mobilität: Er wünscht sich ein Studententicket für ganz Westösterreich um 60EUR.

Was blieb hängen: „In Tirol kostet das Leben am meisten und man verdient am wenigsten.“

Wahlziele:  Steigerung der Mandate in der Landesregierung von 4 auf 5.

Die Grünen (Ingrid Felipe)

Ingrid Felipe steht für den vollzogenen Generationenwechsel bei den Grünen. Nicht überraschend fordert sie daher Respekt beim Umgang mit der Umwelt ein, Ökonomie kann nur durch Ökologie erfolgreich sein. Ingrid sieht Tirol hier als Vorbildregion im globalen Kontext.

Ihr Vorschlag zur Reduzierung der hohen Kosten für Wohnen sind generationenübergreifende Wohngemeinschaften. Weiters soll der Mietzins gesetzlich gedeckelt werden.

Ab Herbst können junge Menschen in Ausbildung um 96EUR ein ganzes Jahr lang alle öffentlichen Verkehrsmittel in Tirol benützen. Dieses neue Angebot gilt aber bekanntlich nur für Lehrlinge und Schüler, sie will daher den öffentlichen Verkehr in ganz Tirol billiger machen. Ein diesbezügliches Jahresticket für ganz Tirol soll maximal 365EUR kosten.

Verärgert über die Niederlage bezüglich des unlängst geforderten Gemeindegut-Rückübertragungsgesetz, möchte sie durch einen Demokratieschub neue Spielregeln im Landtag schaffen.

Was blieb hängen: „Weniger Beton, mehr Zukunft.“

Wahlziele:  Nach dem schwachen Abschneiden 2008 (knapp 36.000 Stimmen) wollen die Grünen wieder zur alten Stärke zurückkehren, mehr als 50.000 Stimmen erobern und am zweiten Platz landen. Die ÖVP soll nicht mehr der Landesregierung angehören.

SPÖ (Gerhard Reheis)

Tirols Sozialisten haben ehrgeizige Pläne, wollen in zwei Legislaturperioden bereits die stärkste politische Kraft im Land sein. Gerhard pflegt zur Erreichung dieses Ziels intensiven Kontakt zur Wählerbasis und möchte das Vertrauen in die Politik wieder herstellen – er arbeitet immer wieder tageweise in verschiedenen Betrieben mit.

Naturgemäß stehen soziale Themen im Vordergrund: gefordert werden ganztätige Kinderbetreuungsplätze und Arbeitsbedingungen, die die Menschen nicht krank machen. Weiters keine 2 Klassen Medizin und Ausgabe von Zahnspangen ohne Selbstbehalt. Auch der altbekannte Mindestlohn (1.500EUR brutto für jeden Vollzeit Job) wurde erwähnt.

Bildungspolitisch kam ein kategorisches Nein zu jeglichen Studiengebühren.

Sein Vorschlag, dass Wohnungen, die länger als sechs Monate leer stehen, mit einer extra Steuer belegt werden, um so die Mietpreise zu senken, erscheint mir als Juristen doch etwas unausgegoren 😉

Was blieb hängen: „Wir wollen die dunkle Seite der Macht zurückdrängen.“

Wahlziele:  Deutlich stärker als 2008 werden und schwarz/blau (??) verhindern. Mitregieren wird angestrebt.

ÖVP (Herwig van Staa)

Als mandatsstärkste Regierungspartei musste sich die ÖVP natürlich von den Studenten eine Reihe von kritischen Fragen gefallen lassen – schließlich hätte die Partei ja alle Vorschläge bereits in der letzten Legislaturperiode durchsetzen können. Herwig betonte trotzdem folgende Positionen:

Politische Stabilität ist wichtig für funktionierende Wirtschaft und Arbeitsplätze im Lande, Tirol habe zur Zeit die niedrigste Arbeitslosenrate aller Regionen Europas. Ihm zufolge sei das einzige Wahlprogramm aller anderen Parteien, die ÖVP aus der Landesregierung heraus zu drängen.

Er bekennt sich zum Ausbau des Forschungsstandortes und freut sich über den durchgebrachten Neubaubeschluss des Management Center Innsbruck.

Er bekennt sich zu Studiengebühren, allerdings immer sozial gestaffelt. Interessant an dieser Stelle war auch die Forderung, die Meisterprüfung zumindest der Matura gleichzustellen, vielleicht auch einem Studienabschluss (wie in Deutschland schon seit 2012 für manche Lehrberufe gilt).

Als zeitnahe Reaktion auf steigende Wohnpreise möchte er rasch drei Studentenheime in Innsbruck um insgesamt 250 neue Betten aufstocken.

Er begründet die Problematik eines fehlenden günstigen Studententarifs vor allem in den verzahnten Kompetenzen von VVT & IVB. Appelliert danach an das Publikum, eine Wahlentscheidung nicht von einem Semesterticket abhängig zu machen.

Was blieb hängen: „Die Studienbedingungen sind in Tirol besser als anderswo.“

Wahlziele:  Italienische Verhältnisse müssen vermieden werden, ohne ÖVP darf keine Regierung möglich sein. Platter soll Landeshauptmann bleiben.

Bürgerklub Tirol (Fritz Gurgiser)

Fritz war ursprünglich zu der Podiumsdiskussion eingeladen, konnte den Termin aber im zeitintensiven Wahlkampf leider nicht wahrnehmen.

Team Stronach  (tbd)

Nachdem nicht einmal der Listengründer selbst genau weiß, wer denn nun eigentlich in vier Wochen antreten soll/wird/darf, sah ich mich außerstande, hier jemanden zu befragen.

Vorwärts Tirol (Christian Loitz)

Die Gruppierung rund um ehemalige rote und schwarze Politikergrößen hat sich in den letzten Wochen primär mit Schimpftriaden gegen die regierende ÖVP hervorgetan. Ihr „Fair“-Programm enthält zwar Vorstellungen einer Demokratiereform, Bürgermitbestimmung, Wirtschaftsreformen und Fördertransparenz – über Studierende steht da nicht all zu viel. Grund genug für mich, mit Christian ein telefonisches Interview zu führen.

Bildungspolitisch bekennt er sich zu einer finanziellen Beteiligung der Studierenden, gestaffelt nach Einkommen und mit einer oberen Deckelung. Langfristig bis zum Jahr 2030 schwebt ihm ein universitärer Campus am Rand von Innsbruck vor.

Bei Thema Wohnen will er auf den Ausbau von Studentenheimen setzen. Auch Freiflächen in der Innsbrucker Umgebung sollen umgewidmet und für städtischen Wohnbau verwendet werden. Die Wohnbauförderung muss wieder zweckgebunden für den Wohnungsbau verwendet werden.

Als wichtigstes Einteilungskriterium sieht er bei der Mobilität das verfügbare Einkommen. So sollen bedürftige Menschen, unabhängig von sozialer Zugehörigkeit und Alter günstig mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren können. Auch die Optimierung und Steuerung durch kilometerabhängige Entgelte statt normaler Tickets ist für ihn zukunftsweisend. So sollen regelmäßige Öffi-Vielfahrer durch Rabatte belohnt werden.

Wahlziele:  Ein zweiter Platz wird angestrebt, Platter als Landeshauptmann unter allen Umständen verhindert werden.

Bis zur Entscheidung am 28. April dürfen wir alle noch jede Menge Plakate und Dreieckständer bewundern sowie uns alle paar Tage über eine je nach Auftraggeber gefärbte Umfrage wundern. In Tirol gibt es über 30.000 Studierende, ein nicht unwichtiges Wählerpotential. Machen wir daher von unserem Wahlrecht Gebrauch!

3 Antworten

  1. Honest elections would be able to occur only citizens participate in, and keep an eye on, all preparation and procedures in advance of an election, as well as all routines and election materials (votes, ballots, poll books) during and subsequent to the election.

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